Von Prachensky bis VALIE EXPORT

Bis 5. Jänner 2025

VALIE EXPORT | VALIE EXPORT - SMART EXPORT Selbstportrait, 1970 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection | © VALIE EXPORT | Bildrecht, Wien 2024 | Foto: © Gertraud Wolfschwenger, Bildrecht, Wien 2024
VALIE EXPORT | VALIE EXPORT - SMART EXPORT Selbstportrait, 1970 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection | © VALIE EXPORT | Bildrecht, Wien 2024 | Foto: © Gertraud Wolfschwenger, Bildrecht, Wien 2024

Blickpunkt VALIE EXPORT

VALIE EXPORT zählt international zu den bedeutendsten Medien- und Performancekünstlerinnen. 1940 in Linz geboren, absolviert sie die dortige Kunstgewerbeschule, bevor sie 1960 nach Wien übersiedelt. Nach dem Abschluss der Höheren Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt für Textilindustrie realisiert sie ab 1967 erste performative Arbeiten. Diese entstehen im Umfeld des Wiener Aktionismus, der in den 1960er-Jahren durch radikale Aktionen klassische Gattungsgrenzen der Malerei aufbricht und bürgerliche Normen hinterfragt.

Die Künstlerin formuliert ihre Medienkritik ausdrücklich als feministische Kritik, die untrennbar mit der Hinterfragung der Repräsentation des weiblichen Körpers und der Rolle der Frau in einer patriarchalen Gesellschaft verbunden ist. Dadurch setzt sie sich deutlich vom expressiven Pathos dieser Bewegung ab Unter Bezugnahme auf den eigenen Körper untersucht EXPORT durch eine Vielzahl von Medien – etwa Fotografie, Video oder Zeichnung – gesellschaftspolitische Strukturen, die sich dem Körper auf schmerzhafte Weise einschreiben. EXPORT muss sich ihre Position in der Kunstszene hart erkämpfen. Kunst ist für sie kein Gegenentwurf zur Realität, sondern fordert subversiv eine neue Sicht der Realität. 1970 macht sie auf die fehlende Anerkennung von Künstlerinnen aufmerksam, indem sie selbstbewusst einen Künstlernamen vom Label der bekanntesten österreichischen Zigarettenmarke übernimmt.

Details

Aktionshose: Genitalpanik

Aktionshose: Genitalpanik nimmt in einer skandalträchtigen Expanded-Cinema-Aktion ihren Ausgang: Während eines Avantgardefilmfestivals geht VALIE EXPORT in einer im Schambereich ausgeschnittenen Hose durch die Sitzreihen eines Kinosaals. Die Grundidee, den Voyeurismus des Publikums zu spiegeln. Darin posiert EXPORT abermals in entblößender Hose, spitzt aber die Konfrontation durch eine männlich konnotierte Ausstattung und Pose zu: Mit gespreizten Beinen, Lederjacke und Maschinengewehr untergräbt EXPORT weibliche Stereotype. Jene Aufnahme, die aufgrund ihrer frontalen Perspektive auf die Künstlerin und den direkten Blick EXPORTs in die Kamera besonders provokativ ist, plakatiert sie im öffentlichen Raum. In einer aktionistischen wie medienreflexiven Geste erweitert EXPORT damit ihr Publikum vom konkreten Publikum im geschlossenen Kinosaal zu allen potenziellen Betrachtern im öffentlichen Raum.

I beat it

Die Installation I beat it von 1980 geht auf eine Aktion Valie EXPORTS zurück. Diese folgte einer genauen Partitur: In einer Wanne, die mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt ist, schwimmt eine lebensgroße Fotografie der Künstlerin. Ihre Arme und Beine sind mit Bleibändern gefesselt. Neben dem Becken steht ein Kanister, der ursprüngliche Behälter der Flüssigkeit.

Das aus drei Monitoren dringende Gekläff von Schäferhunden wird durch ein − einmal von einer Frau und einmal von einem Mann kommendes − »Mehr! Mehr!« abgelöst: Hinweis auf ein Mehr an gesteigertem Leid. Das Dreieck, das die Monitoren aufspannen und in dessen Achse die Frau schwimmt, signalisiert Trinität, Natur, aber auch männliche Ideologie. Dass sich die Künstlerin während ihrer Aktion im Jahr 1978 nicht bewegen kann, unterstreicht die Rolle der Frau „als abhängige Marionette der sozialen Maschinerie“. Die Ambivalenz zwischen ruhiger Bewegungslosigkeit und Erniedrigung bleibt auch in der Installation erhalten. Stillgestellt und erniedrigt zu werden bedeutet für EXPORT auch, Schmiermittel einer Kommunikation zu sein, die reibungslos sein soll.

VALIE EXPORT – SMART EXPORT Selbstportrait

Im Alter von 27 Jahren wählt die Künstlerin, die mit bürgerlichem Namen Waltraud Höllinger (geb. Lehner) heißt, den Namen VALIE EXPORT. In Großbuchstaben geschrieben und urheberrechtlich geschützt, dient diese Marke der Befreiung sowohl vom Nachnamen des Vaters als auch von dem ihres einstigen Ehemanns, wodurch sie sich innerhalb einer von Männern dominierten Kunstszene selbstbewusst als Künstlerin positioniert. Die von der freiberuflichen Amateurfotografin Gertraud Wolfschwenger festgehaltene Selbstinszenierung VALIE EXPORT – SMART EXPORT Selbstportrait spitzt das Thema der Selbstbehauptung spielerisch zu. Mit qualmender Zigarette und männlich konnotierter Pose hält EXPORT eine zur ihrer eigenen Marke umgestaltete Smart-Export-Zigarettenpackung in die Kamera; als Marke wählt sie ihren Vornamen, als Logo ein Foto ihres Gesichts.

TAPP und TASTKINO

Das 1968 in Wien aufgeführte TAPP und TASTKINO zählt zu VALIE EXPORTs frühesten Aktionen, die vom Expanded Cinema, der Erweiterung von Film und Kino, geprägt sind. Für die aufsehenerregende Aktion schnallt sich EXPORT eine als „Kinosaal“ dienende Box mit Vorhang vor ihren nackten Oberkörper. Ihr Künstlerkollege Peter Weibel fordert Passanten dazu auf, in den Kasten zu greifen und EXPORTs Brust für eine exakt vorgegebene Zeitdauer zu berühren. Der Körper wird zur Leinwand und dadurch als taktiles Ereignis erfahrbar. Die Besucher des TAPP und TASTKINSOs halten dabei mit der Künstlerin direkten Blickkontakt, wodurch der herkömmlicherweise durch den abgedunkelten Kinosaal geschützte voyeuristische Blick auf den Körper der Frau offengelegt wird.

Für die inszenierte Fotografie greift ein Kollege EXPORTs stellvertretend für spätere Betrachter in die Box. Die später aufgezeichnete Videoaufnahme des TAPP und TASTKINOs entsteht extra für das österreichische Fernsehen.

VALIE EXPORT | Aktionshose: Genitalpanik, 1969 | Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg · Seoul | © VALIE EXPORT, Bildrecht, Wien 2024 | Foto: © Peter Hassmann, Bildrecht, Wien 2024
VALIE EXPORT | Aktionshose: Genitalpanik, 1969 | Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg · Seoul | © VALIE EXPORT, Bildrecht, Wien 2024 | Foto: © Peter Hassmann, Bildrecht, Wien 2024
VALIE EXPORT | VALIE EXPORT - SMART EXPORT Selbstportrait, 1970 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection | © VALIE EXPORT | Bildrecht, Wien 2023 | Foto: © Gertraud Wolfschwenger, Bildrecht, Wien 2023
VALIE EXPORT | VALIE EXPORT - SMART EXPORT Selbstportrait, 1970 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection | © VALIE EXPORT | Bildrecht, Wien 2023 | Foto: © Gertraud Wolfschwenger, Bildrecht, Wien 2023
VALIE EXPORT | TAPP und TASTKINO, 1968 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection | © VALIE EXPORT, Bildrecht, Wien 2024 | Foto: Werner Schulz
VALIE EXPORT | TAPP und TASTKINO, 1968 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection | © VALIE EXPORT, Bildrecht, Wien 2024 | Foto: Werner Schulz
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Aktionshose: Genitalpanik

Aktionshose: Genitalpanik nimmt in einer skandalträchtigen Expanded-Cinema-Aktion ihren Ausgang: Während eines Avantgardefilmfestivals geht VALIE EXPORT in einer im Schambereich ausgeschnittenen Hose durch die Sitzreihen eines Kinosaals. Die Grundidee, den Voyeurismus des Publikums zu spiegeln. Darin posiert EXPORT abermals in entblößender Hose, spitzt aber die Konfrontation durch eine männlich konnotierte Ausstattung und Pose zu: Mit gespreizten Beinen, Lederjacke und Maschinengewehr untergräbt EXPORT weibliche Stereotype. Jene Aufnahme, die aufgrund ihrer frontalen Perspektive auf die Künstlerin und den direkten Blick EXPORTs in die Kamera besonders provokativ ist, plakatiert sie im öffentlichen Raum. In einer aktionistischen wie medienreflexiven Geste erweitert EXPORT damit ihr Publikum vom konkreten Publikum im geschlossenen Kinosaal zu allen potenziellen Betrachtern im öffentlichen Raum.

I beat it

Die Installation I beat it von 1980 geht auf eine Aktion Valie EXPORTS zurück. Diese folgte einer genauen Partitur: In einer Wanne, die mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt ist, schwimmt eine lebensgroße Fotografie der Künstlerin. Ihre Arme und Beine sind mit Bleibändern gefesselt. Neben dem Becken steht ein Kanister, der ursprüngliche Behälter der Flüssigkeit.

Das aus drei Monitoren dringende Gekläff von Schäferhunden wird durch ein − einmal von einer Frau und einmal von einem Mann kommendes − »Mehr! Mehr!« abgelöst: Hinweis auf ein Mehr an gesteigertem Leid. Das Dreieck, das die Monitoren aufspannen und in dessen Achse die Frau schwimmt, signalisiert Trinität, Natur, aber auch männliche Ideologie. Dass sich die Künstlerin während ihrer Aktion im Jahr 1978 nicht bewegen kann, unterstreicht die Rolle der Frau „als abhängige Marionette der sozialen Maschinerie“. Die Ambivalenz zwischen ruhiger Bewegungslosigkeit und Erniedrigung bleibt auch in der Installation erhalten. Stillgestellt und erniedrigt zu werden bedeutet für EXPORT auch, Schmiermittel einer Kommunikation zu sein, die reibungslos sein soll.

VALIE EXPORT – SMART EXPORT Selbstportrait

Im Alter von 27 Jahren wählt die Künstlerin, die mit bürgerlichem Namen Waltraud Höllinger (geb. Lehner) heißt, den Namen VALIE EXPORT. In Großbuchstaben geschrieben und urheberrechtlich geschützt, dient diese Marke der Befreiung sowohl vom Nachnamen des Vaters als auch von dem ihres einstigen Ehemanns, wodurch sie sich innerhalb einer von Männern dominierten Kunstszene selbstbewusst als Künstlerin positioniert. Die von der freiberuflichen Amateurfotografin Gertraud Wolfschwenger festgehaltene Selbstinszenierung VALIE EXPORT – SMART EXPORT Selbstportrait spitzt das Thema der Selbstbehauptung spielerisch zu. Mit qualmender Zigarette und männlich konnotierter Pose hält EXPORT eine zur ihrer eigenen Marke umgestaltete Smart-Export-Zigarettenpackung in die Kamera; als Marke wählt sie ihren Vornamen, als Logo ein Foto ihres Gesichts.

TAPP und TASTKINO

Das 1968 in Wien aufgeführte TAPP und TASTKINO zählt zu VALIE EXPORTs frühesten Aktionen, die vom Expanded Cinema, der Erweiterung von Film und Kino, geprägt sind. Für die aufsehenerregende Aktion schnallt sich EXPORT eine als „Kinosaal“ dienende Box mit Vorhang vor ihren nackten Oberkörper. Ihr Künstlerkollege Peter Weibel fordert Passanten dazu auf, in den Kasten zu greifen und EXPORTs Brust für eine exakt vorgegebene Zeitdauer zu berühren. Der Körper wird zur Leinwand und dadurch als taktiles Ereignis erfahrbar. Die Besucher des TAPP und TASTKINSOs halten dabei mit der Künstlerin direkten Blickkontakt, wodurch der herkömmlicherweise durch den abgedunkelten Kinosaal geschützte voyeuristische Blick auf den Körper der Frau offengelegt wird.

Für die inszenierte Fotografie greift ein Kollege EXPORTs stellvertretend für spätere Betrachter in die Box. Die später aufgezeichnete Videoaufnahme des TAPP und TASTKINOs entsteht extra für das österreichische Fernsehen.

ALBERTINA KLOSTERNEUBURG

Mitte des 20. Jahrhunderts wird die Abstraktion sowohl in Europa, als auch in Amerika zum Symbol der Freiheit. Als neue Weltsprache der Kunst gilt dieser letzte Stil der Kunstgeschichte, als Höhe- und Endpunkt der Malerei. Er wird zum Inbegriff des künstlerischen Temperaments, der expressiven Subjektivität und der Heroisierung des Individuums. Nach der gewaltsamen Unterbrechung durch das totalitäre System des Nationalsozialismus wird das unvollendete Projekt der Moderne nach 1950 wieder aufgegriffen. Die Behauptung der Individualität und der Begriff der Freiheit – gegen den Nationalsozialismus und sein inoffizielles Fortleben im kleinbürgerlichen Kunstverständnis des Nachkriegsösterreich – stehen für die Künstler Günter Brus, Otto Muehl und Alfons Schilling und im Mittelpunkt. In ästhetischer Radikalität und mit dem psychophysischen Körpereinsatz des theatralischen Malens werden Kunst und Leben zusammengeführt. Die gestische Malerei steht bei auch bei Markus Prachensky im Vordergrund. Meist auf Basis seiner Hauptfarbe Rot entstehen variantenreiche, autonome Variationen in einem gestisch-abstrakten kalligrafischen Malstil.

Die aktuelle Hängung präsentiert unter dem Subtitel Im Blickpunkt einige Schwerpunkte aus der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Albertina. 2014 begründet, umfasst sie mittlerweile über 65 000 Werke. So vereint Im Blickpunkt: Das Tondo in der Kunst der Gegenwart acht Rundbilder des 21. Jahrhunderts und gibt Einblick in die Wiederentdeckung dieses, über 300 Jahre lang in Vergessenheit geratenen Bildformats. Auch VALIE EXPORT, die gemeinsam mit Maria Lassnig zu den bedeutendsten österreichischen Künstlerinnen den 20. Jahrhundert zählt, wird unter dem Titel Im Blickpunkt: VALIE EXPORT besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

Die Ausstellung ist von 23. August 2024 bis 5. Jänner 2025 in der ALBERTINA KLOSTERNEUBURG zu sehen.

Markus Prachensky | Rouge sur gris - Karlsruhe II, 1962 | ALBERTINA, Wien - The ESSL Collection (c) Brigitte Prachensky
Markus Prachensky | Rouge sur gris - Karlsruhe II, 1962 | ALBERTINA, Wien - The ESSL Collection (c) Brigitte Prachensky

Blickpunkt Das Tondo in der Kunst der Gegenwart

Der Kreis hat seit jeher eine besondere, ja mystische Bedeutung. Im Wörterbuch der Brüder Grimm heißt es: »Das Runde, besonders der Kreis und die Kugel, erweckt den Eindruck des in sich Abgeschlossenen, Fertigen, Vollkommenen.« Und bereits im Alten Ägypten symbolisierte der Uroboros – die Schlange, die sich in den Schwanz beißt – den Lebenszyklus, die ewige Wiederkehr. Von daher ist das kreisrunde Tondo – ob als Gemälde oder Relief – weit mehr als nur eine formale Spielerei.

Details

Trends sind wiederkehrend, sei es im Design, in der Mode, in der Musik oder Kunst: Auch in der Gegenwartskunst ist darum die Form der kreisrunden Scheibe gar nicht so selten, die von Florenz ausgehend erstmals im späten Quattrocento Karriere macht, als Ausdruck göttlicher Harmonie: Jeder Punkt bezieht sich auf das Zentrum, den Kreismittelpunkt– auch dies eine Wiederkehr, eine Rückkehr zum Ursprung.

Besonders in der Malerei der Renaissance gewinnen Tondi zwischen 1450 und 1510 zunehmend an Bedeutung. Das früheste klassische Rundbild ist La grande Pietà ronde des Niederländers Johan Maelwael aus der Zeit um 1400. Im ersten Jahrzehnt des folgenden Jahrhunderts schafft Michelangelo sein Tondo Doni, das als eine seiner berühmtesten Arbeiten in die Kunstgeschichte eingeht. Auch Raffael fertigt mit seiner Madonna della Seggiola – auch Madonna della Sedia – von 1514 ein wichtiges Tondo an. Über 400 Jahre bleibt das Phänomen des Rundbilds gänzlich verschwunden. Erst in den 1960er-Jahren, als amerikanische Künstler wie Frank Stella, Sol LeWitt und Jackson Pollock ihre »shaped canvases« entwickeln – »geformte Leinwände«, mit denen sie das ewig gleich rechteckige Tafelbild zu überwinden trachten –, gewinnt das Tondo wieder an Aufmerksamkeit. Heute erleben Tondi erneut ein Comeback. Immer wieder wählen internationale genauso wie österreichische Künstlerinnen und Künstler die runde Form, wie zahlreiche Beispiele aus der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Albertina zeigen.

Rondinone

Ab den 1990er-Jahren erarbeitet Rondinone eine Werkgruppe, die aus einer Vielzahl kreisförmiger Gemälde besteht und zu der auch diese Arbeit zählt. Auf einer runden Leinwand mit einem Durchmesser von 270 cm zieht er mit Acrylfarbe sieben konzentrische Kreise in unterschiedlicher Breite und Farbigkeit. Mit der Strahlkraft einer Leuchtreklame scheint die runde Form dem Betrachter entgegen – die Abwesenheit von Erzählung und Handlung verstärkt die leuchtende Klarheit der Farben massiv. Rondinone beschreibt seine Werke prosaisch als „großformatige Sprühbilder mehrfarbiger, konzentrischer Kreise“. Den Titel jedes einzelnen setzt der Künstler aus einer Nummer und dem Datum der Entstehung zusammen, das er akribisch mit Tag, Monat und Jahr ausschreibt.

Philip Taafe, Unit of Direction

Die Spiralform von Philip Taaffes Werk Unit of Direction, das Malerei und aufwendige Druckverfahren kombiniert, geht auf einen langen geistigen Prozess und eine umfassende Suche in den Schätzen seiner umfangreichen Bibliothek zurück. Neben Erinnerungen an verschiedenste Formen des Ornaments von den geometrischen Bodenmosaiken der Römer und des Hellenismus über die islamische Arabeske und indische Mandalas bis zum Japonismus um 1900 verbergen sich in Unit of Direction hinter der strengen Sogwirkung der Spirale auch Naturformen verschiedener Schneckenund Muschelarten.

Robert Schaberl, ZF aubergine dance with warm rose 4-6 2019 (290x)

Robert Schaberls konzentrische Abstraktionen, die er in verschiedenen farblichen Abstufungen zwischen matt und glänzend ausführt, entstehen durch die Überlagerung von bis zu 70 Farbschichten auf einem horizontal rotierenden Bildträger. Sie gehen auf frühe fotografische Experimente mit Alltagsgegenständen wie Gläsern und biomorphen Rundformen wie Pilzen zurück und legen auf den ersten Blick formale Vergleiche mit Werken der Konkreten Kunst wie den kryptischen Kreisbildern von Hermann J. Painitz und den Targets von Jasper Johns nahe. Doch ist Schaberls Ästhetik des Runden vor allem sinnliche Überwältigung, eine Schule der Empfindsamkeit, der Versuch, Licht in seiner schillernden Qualität zur Erscheinung zu bringen.

Robert Schaberl | ZF aubergine dance with warm rose 4-6 2019 (290x), 2019 | The ALBERTINA Museum, Vienna | © Robert Schaberl | © Photo source: Robert Schaberl
Robert Schaberl | ZF aubergine dance with warm rose 4-6 2019 (290x), 2019 | The ALBERTINA Museum, Vienna | © Robert Schaberl | © Photo source: Robert Schaberl
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Trends sind wiederkehrend, sei es im Design, in der Mode, in der Musik oder Kunst: Auch in der Gegenwartskunst ist darum die Form der kreisrunden Scheibe gar nicht so selten, die von Florenz ausgehend erstmals im späten Quattrocento Karriere macht, als Ausdruck göttlicher Harmonie: Jeder Punkt bezieht sich auf das Zentrum, den Kreismittelpunkt– auch dies eine Wiederkehr, eine Rückkehr zum Ursprung.

Besonders in der Malerei der Renaissance gewinnen Tondi zwischen 1450 und 1510 zunehmend an Bedeutung. Das früheste klassische Rundbild ist La grande Pietà ronde des Niederländers Johan Maelwael aus der Zeit um 1400. Im ersten Jahrzehnt des folgenden Jahrhunderts schafft Michelangelo sein Tondo Doni, das als eine seiner berühmtesten Arbeiten in die Kunstgeschichte eingeht. Auch Raffael fertigt mit seiner Madonna della Seggiola – auch Madonna della Sedia – von 1514 ein wichtiges Tondo an. Über 400 Jahre bleibt das Phänomen des Rundbilds gänzlich verschwunden. Erst in den 1960er-Jahren, als amerikanische Künstler wie Frank Stella, Sol LeWitt und Jackson Pollock ihre »shaped canvases« entwickeln – »geformte Leinwände«, mit denen sie das ewig gleich rechteckige Tafelbild zu überwinden trachten –, gewinnt das Tondo wieder an Aufmerksamkeit. Heute erleben Tondi erneut ein Comeback. Immer wieder wählen internationale genauso wie österreichische Künstlerinnen und Künstler die runde Form, wie zahlreiche Beispiele aus der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Albertina zeigen.

Rondinone

Ab den 1990er-Jahren erarbeitet Rondinone eine Werkgruppe, die aus einer Vielzahl kreisförmiger Gemälde besteht und zu der auch diese Arbeit zählt. Auf einer runden Leinwand mit einem Durchmesser von 270 cm zieht er mit Acrylfarbe sieben konzentrische Kreise in unterschiedlicher Breite und Farbigkeit. Mit der Strahlkraft einer Leuchtreklame scheint die runde Form dem Betrachter entgegen – die Abwesenheit von Erzählung und Handlung verstärkt die leuchtende Klarheit der Farben massiv. Rondinone beschreibt seine Werke prosaisch als „großformatige Sprühbilder mehrfarbiger, konzentrischer Kreise“. Den Titel jedes einzelnen setzt der Künstler aus einer Nummer und dem Datum der Entstehung zusammen, das er akribisch mit Tag, Monat und Jahr ausschreibt.

Philip Taafe, Unit of Direction

Die Spiralform von Philip Taaffes Werk Unit of Direction, das Malerei und aufwendige Druckverfahren kombiniert, geht auf einen langen geistigen Prozess und eine umfassende Suche in den Schätzen seiner umfangreichen Bibliothek zurück. Neben Erinnerungen an verschiedenste Formen des Ornaments von den geometrischen Bodenmosaiken der Römer und des Hellenismus über die islamische Arabeske und indische Mandalas bis zum Japonismus um 1900 verbergen sich in Unit of Direction hinter der strengen Sogwirkung der Spirale auch Naturformen verschiedener Schneckenund Muschelarten.

Robert Schaberl, ZF aubergine dance with warm rose 4-6 2019 (290x)

Robert Schaberls konzentrische Abstraktionen, die er in verschiedenen farblichen Abstufungen zwischen matt und glänzend ausführt, entstehen durch die Überlagerung von bis zu 70 Farbschichten auf einem horizontal rotierenden Bildträger. Sie gehen auf frühe fotografische Experimente mit Alltagsgegenständen wie Gläsern und biomorphen Rundformen wie Pilzen zurück und legen auf den ersten Blick formale Vergleiche mit Werken der Konkreten Kunst wie den kryptischen Kreisbildern von Hermann J. Painitz und den Targets von Jasper Johns nahe. Doch ist Schaberls Ästhetik des Runden vor allem sinnliche Überwältigung, eine Schule der Empfindsamkeit, der Versuch, Licht in seiner schillernden Qualität zur Erscheinung zu bringen.

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Mehr zur Erreichbarkeit

 

VALIE EXPORT: Aktionshose: Genitalpanik, 1969

VALIE EXPORT | Aktionshose: Genitalpanik, 1969 | Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, London · Paris · Salzburg · Seoul | © VALIE EXPORT, Bildrecht, Wien 2024 | Foto: © Peter Hassmann, Bildrecht, Wien 2024

VALIE EXPORT: VALIE EXPORT - SMART EXPORT Selbstportrait, 1970

VALIE EXPORT | VALIE EXPORT - SMART EXPORT Selbstportrait, 1970 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection | © VALIE EXPORT, Bildrecht, Wien 2024 | Foto: © Gertraud Wolfschwenger, Bildrecht, Wien 2023

VALIE EXPORT: TAPP und TASTKINO, 1968

VALIE EXPORT | TAPP und TASTKINO, 1968 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection | © VALIE EXPORT, Bildrecht, Wien 2024 | Foto: Werner Schulz

Markus Prachensky: Rouge sur gris - Karlsruhe II, 1962

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Ugo Rondinone: No.174 Zweiundzwanzigsterfebruarzweitausendundnull, 2000

Ugo Rondinone | No.174 Zweiundzwanzigsterfebruarzweitausendundnull, 2000 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection © Ugo Rondinone © Foto Quelle: Sammlung Essl

Philip Taaffe: Unit of Direction, 2003

Philip Taaffe | Unit of Direction, 2003 | ALBERTINA, Wien – The ESSL Collection © Philip Taaffe © Fotograf:in: Mischa Nawrata

Robert Schaberl: ZF aubergine dance with warm rose 4-6 2019 (290x), 2019

Robert Schaberl | ZF aubergine dance with warm rose 4-6 2019 (290x), 2019 | ALBERTINA, Wien © Robert Schaberl © Foto Quelle: Robert Schaberl

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