Gothic Modern

Munch, Beckmann, Kollwitz

Ab 19. September 2025

ALBERTINA, WIEN

Nach gängiger Vorstellung versteht sich die Moderne als fundamentaler Bruch mit der Tradition. Dabei blieb bislang unbeleuchtet, dass gerade in der Neuerfindung der Kunst um 1900 der gezielte Rückgriff auf die ferne Vergangenheit des Spätmittelalters eine zentrale Rolle spielte.Die Ausstellung Gothic Modern in der ALBERTINA beleuchtet eine Entwicklung in der Zeit von 1870 bis 1920, in der sich zahlreiche Kunstschaffende wie Edvard Munch, Vincent van Gogh, Käthe Kollwitz, Max Beckmann und Otto Dix bewusst von der ausdrucksstarken Kunst eines Holbein, Dürer, Cranach oder Baldung Grien inspirieren lassen. Die Begegnung mit der mittelalterlichen Ästhetik rief große Gefühle hervor und eröffnete den Künstler:innen neue Wege, sich mit den grundlegenden Fragen des menschlichen Daseins auseinanderzusetzen. Die Ausstellung in der ALBERTINA verbindet in einzigartiger Weise Meisterwerke der Moderne mit jenen des 15. und frühen 16. Jahrhunderts.

Auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten einer modernen Kunst erfuhr die Gotik als Inspirationsquelle an der Wende zum 20. Jahrhundert ein deutlich gesteigertes Interesse. Zwar definierte sich die Kunst der Moderne häufig über eine Abkehr von der akademischen Tradition, jedoch waren Impulse durch mittelalterliche Werke sowie Bezugnahmen auf diese zentral in der künstlerischen Neuausrichtung vom Symbolismus bis hin zum Expressionismus.Besonders in den deutschsprachigen und nordischen Ländern manifestierte sich die Rückbesinnung auf die Ästhetik der Gotik als Teil der zeitgenössischen Kunstanschauung. Gothic Modern möchte eine neue Perspektive auf das Kunstschaffen der Moderne eröffnen und den Blick gezielt auf die Bedeutung der Gotik für diese Entwicklung richten.

Bildergalerie – 3 Bilder
Ein Mann und eine Frau nackt an einen Baum gelehnt. Am Baum, zwischen den Personen windet sich eine schlangenartige Kreatur mit einem spitzen Hundekopf.
Max Beckmann | Adam und Eva, 1917 | Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Neue Nationalgalerie © Foto: bpk / Nationalgalerie, SMB / André van Linn

Anders als in der sehnsüchtigen Rückwärtsgewandtheit der Romantik oder dem antiquarisch rekonstruierenden Blick des Historismus auf dieses Zeitalter – Perspektiven, die oft im Dienste einer politischen und nationalen Selbstvergewisserung erfolgten –, stand nun die eigentliche ästhetische Qualität der Kunst im Zentrum. Für die Künstler:innen der Moderne rückte die emotionale Ausdruckskraft, die sie in den Werken der Gotik erkannten, in den Fokus.

Um die Wende zum 20. Jahrhundert sahen Künstler:innen es zunehmend als ihre Aufgabe an, Seelenzustände sichtbar zu machen und existenzielle Krisen künstlerisch zu verarbeiten. Dafür entdeckten Künstler:innen eine expressive Bildsprache in der als unverfälscht wahrgenommenen Kunst der Gotik. In zumeist religiösen Darstellungen existentieller Sujets zwischen Leben und Tod fanden sie tiefgreifende Gefühle wie Liebe, Leid und Trauer in einer Art vorgeprägt, die ihnen als Anknüpfungspunkt für ihr eigenes Schaffen diente.

Ebenso faszinierten die künstlerischen Techniken wie Holzschnitt oder Buchkunst, die Schaffung von Glasfenstern oder Tapisserien, die nun wiederentdeckt und in die aktuelle Kunstproduktion integriert wurden. Hier verlagerte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Interessenschwerpunkt vom kunstgewerblichen Aspekt hin zur formalen Steigerung des Ausdrucks.

Als wichtiges Kunstzentrum der Moderne war Wien um 1900 ein bedeutender Schmelztiegel für diese innovativen künstlerischen Strömungen und ein wesentlicher Knotenpunkt in der transnationalen Vernetzung der Künstler:innen. So stellten etwa Akseli Gallen-Kallela, Käthe Kollwitz oder Edvard Munch in der Wiener Secession aus und traten in einen fruchtbaren Austausch mit der lokalen Kunstszene, während auch Max Beckmann oder Helen Schjerfbeck in Wien Inspiration suchten.

Die Ausstellung ist von 19. September 2025 bis 11. Jänner 2026 zu sehen.

 
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